Paradies Bauernhof
Großer Zuspruch für Dialog über Artenvielfalt

Ländliche Gegend in den Alpen

"Paradies Bauernhof" - der Titel der Infoveranstaltung auf dem Hof der Familie Höhensteiger (Gemeinde Großkarolinenfeld) war Programm: Zahlreiche Besucher entdeckten, welchen Beitrag ein landwirtschaftlicher Betriebe zur Biodiversität leisten kann und wie wertvoll der gegenseitige Dialog ist.

Trotz heißer Temperaturen verging der Tag zu schnell, das Interesse der Gäste war riesig. Am Ende hatten Besucher, Bürgermeister, Beratungskräfte des AELF und die Landwirtsfamilie viel voneinander gelernt. Ein Besucher brachte es auf den Punkt: "Wir brauchen wieder mehr Mut zur Natürlichkeit auf den Höfen, in privaten Gärten sowie in den Städten und Dörfern und müssen viel miteinander reden."
Unterschiedliche Zielgruppen zu Gast
Am 14. Juni 2019 hatten das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Rosenheim und RegRo (Verein zur Förderung der Regionalentwicklung im Raum Rosenheim) zu einer Informationsveranstaltung zur Biodiversität auf den Bauernhof Höhensteiger eingeladen. Wolfgang Hampel, Leiter des AELF Rosenheim, begrüßte am Vormittag Kommunalpolitiker aus der Region zur Hofführung und Aussprache in Zweckstätt. Am Nachmittag war die Gesamtbevölkerung eingeladen, mit Familie Höhensteiger über Biodiversität auf einem modernen Bauernhof zu diskutieren.
Dialog auf Augenhöhe
Maria Els, Regierungspräsidentin von Oberbayern, war überzeugt, Naturschutz und Landwirtschaft sollten zum Wohle aller gemeinsam die anstehenden Aufgaben bewältigen und einen Dialog auf Augenhöhe führen. Bürgermeister seien tagtäglich mit Landwirten und Bürgern im Gespräch und könnten zum gegenseitigen Verständnis beitragen. Die Landwirte seien nach dem Volksbegehren zutiefst getroffen und fühlten eine fehlende Wertschätzung für ihre Arbeit mit der Natur. Der Projekttag "Paradies Bauernhof" solle ein erster Schritt sein, um Verständnis zu fördern und eine fruchtbare Diskussion in Gang zu bringen.
RegRo-Vorsitzender Sebastian Friesinger hob die Leistungen der Landwirtschaft bei der Gestaltung und Pflege der Kulturlandschaft hervor. Die Bewirtschaftung ihrer Flächen müsse für die Landwirte Grundlage bleiben, um davon leben zu können.
Beiträge der Landwirtschaft kommunizieren
"Obstbäume, extensive Wiesen, Randstreifen sind gute Voraussetzungen für eine große Vielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt, und die hat jeder Betrieb. Das muss kommuniziert werden", ist Michael Höhensteiger, der Junior-Landwirt am Betrieb, überzeugt. Seine Vier-Generationen-Familie bewirtschaftet einen in der Region typischen Milchviehbetrieb im Haupterwerb mit Grünland, Acker und Wald.
Bauernhof bereichert die Artenvielfalt
Bäuerin Gabriele Höhensteiger, ausgebildete Gartenbäuerin, gibt das Bewusstsein für die Vielfalt gerne weiter. So finden sich im Frühjahr im Hof-Baum, dem über hundert Jahre alten Birnbaum Wildbienen ein, die Ameisen verteilen die Samen der Duftveilchen, in den Sträuchern und am Wiesenrand wachsen Giersch und Gundermann. Brennnessel dienen als wichtige Nahrung für Raupen, aus denen sich Schmetterlinge entwickeln. "Auf jedem Bauernhof gibt es viele Nischen, die die Artenvielfalt bereichern", ist sie überzeugt. Zur Schneckenbekämpfung hält sie eine Laufente mit zwei erst kürzlich geschlüpften jungen Entlein.
Tipp von Gabriele Höhensteiger zum Schädlingsbefall
"Zuerst kommen die Läuse, dann die Nützlinge, man muss nur ein bis zwei Wochen warten können".
Totholzhaufen wichtig für viele Insekten
Der Totholzhaufen nahe des Bauerngartens begeisterte Dr. Ullrich Benker, Landesanstalt für Landwirtschaft: "Totes Holz steckt voller Leben, Wildbienen, Schlupfwespen, Spinnen, auch Borkenkäferlarven und Ameisenbuntkäfer, die größten Feinde des Borkenkäfers leben in dem Haufen ebenso wie kleine Wirbeltiere. Igel, Wiesel, Marder und nicht zuletzt Pilze finden dort gute Lebensbedingungen. Ein Totholzhaufen bietet auch klimatische Vorzüge. Er gibt Schutz, Schatten, Unterschlupf und kühlt bzw. wärmt je nach Witterung." Insekten vertragen nach seinen Worten viel und können sich gut anpassen. Die Besucher waren beeindruckt von dem vielen Getier, das es in dem Holzhaufen zu entdecken gab.
Blühstreifen an Feldrändern
Der Weg zur nächsten Station führte die Besucher vorbei an der Hof-Wiese, einer Magerwiese mit Blumen und vielen Grillen hinaus aufs Feld. Dort erklärte Felix Forster vom AELF die Vorteile eines Blühstreifens am Maisfeldrand. Sie seien optisch schön, artenreich und wirtschaftlich vertretbar. Vögel, Hasen und andere Tiere fänden Deckung in den Streifen an den Feldrändern und sie pufferten Trachtlücken ab, da sie vom Frühsommer bis zum Herbst blühen. So könnten Bienen und andere Insekten auch in blüharmen Zeiten Nahrung finden. Über die Blühstreifen an den Feldrändern bekomme die Natur Raum zurück, ist Forster überzeugt.
Kleinstrukturierte Flächen
Franz Höhensteiger, Betriebsleiter und Ausbilder, machte auf die kleinstrukturierten Flächen seines Betriebes aufmerksam. 22 Hektar Wiesen und 9 Hektar Acker seien aufgeteilt in 30 Flurstücke, die alle bis auf zwei an Waldränder grenzten. Waldränder könnten wiederum wertvolle Ökosysteme bilden, die üppig blühenden Holundersträucher entlang der Waldränder wiesen darauf hin.
Weidehaltung auf dem Höhenberger Hof
An der letzten Station, der Jungvieh- und Kalbinnenweide waren an dem heißen Frühsommertag nur ein paar Kälber draußen. Alle anderen zogen es vor im schattigen Stall zu bleiben, in dem große Ventilatoren für angenehme Kühlung sorgten. Michael Höhensteiger, studierter Landwirt und voraussichtlicher Hofnachfolger, stellte den Kuhfladen in den Mittelpunkt seiner Erklärungen.

Der junge Landwirt erklärte:

  • Aus jedem Kuhfladen wüchsen 250 Gramm Insektenbiomasse.
  • Bei durchschnittlich 10 Fladen täglich je Kuh ergäben sich 2,5 Kilogramm Insektenbiomasse je Kuh und Tag bei Weidehaltung.
Dies sei auch die Erklärung für die vielen Vögel um den Betrieb. In Schwärmen holten sie sich bis in den Spätsommer die Insektenlarven aus dem Boden der Weiden am Hof. Auf die Frage der Besucher, warum nicht alle Bauernhöfe Weidehaltung betreiben, zeigten Michael und seine Frau Linda auch die Nachteile auf, wenn keine geeigneten Flächen arrondiert um den Betrieb vorhanden sind, sehr heiße oder auch sehr feuchte Sommer eine Weidebewirtschaftung mit guter Futterqualität für die Tiere erschweren oder auch der Befall mit Parasiten die Gesundheit der Rinder beeinträchtigen könnte. Weidehaltung sei eben nur eine Haltungsmöglichkeit und die Landwirtsfamilie würde bei ihrer Entscheidung Vor- und Nachteile abwägen, wobei ihnen vor allem das Wohl der Tiere wichtig sei.

Ansprechpartnerin
Frau Obster
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E-Mail: poststelle@aelf-ro.bayern.de